Die Steiermark, oft als das "grüne Herz Österreichs" bezeichnet, ist bekannt für ihre sanften Hügel, exzellenten Weine und die charmante Hauptstadt Graz. Doch abseits der bekannten Touristenattraktionen verbirgt diese vielseitige Region zahlreiche Schätze, die nur darauf warten, von neugierigen Reisenden entdeckt zu werden. In diesem Artikel stellen wir Ihnen einige der faszinierendsten, aber weniger bekannten Orte und Erlebnisse vor, die die Steiermark zu bieten hat.
Die unbekannte Seite der Steiermark
Die Steiermark erstreckt sich vom alpinen Norden bis zu den mediterranen Weinregionen im Süden und bietet eine erstaunliche landschaftliche und kulturelle Vielfalt. Während viele Besucher die bekannten Highlights wie Graz, den Dachstein oder die Weinstraße besuchen, gibt es zahlreiche versteckte Orte, die mindestens genauso beeindruckend, aber deutlich weniger überlaufen sind.
"Die Steiermark ist wie ein guter Wein – mit jeder Entdeckung offenbart sie neue, komplexe Facetten, die es zu genießen gilt." - Franz Riegersberger, steirischer Schriftsteller
Verborgene Naturwunder
1. Das Frauenloch bei Tragöß
Während der Grüne See bei Tragöß in den letzten Jahren zu einem regelrechten Social-Media-Hit geworden ist, bleibt das nahegelegene "Frauenloch" ein gut gehütetes Geheimnis. Diese beeindruckende Karsthöhle mit ihrem unterirdischen Bach und spektakulären Felsformationen ist über einen kurzen, aber abenteuerlichen Wanderweg zu erreichen. Besonders im Frühjahr, wenn die Schneeschmelze den Bach anschwellen lässt, bietet sich ein faszinierendes Naturschauspiel.
Das Frauenloch ist eine der weniger bekannten, aber beeindruckendsten Karsthöhlen der Steiermark.
2. Die Teichalm-Moore
Die Teichalm ist Teil des größten zusammenhängenden Almgebiets Europas, der Almenland-Region. Während die meisten Besucher den Teichalmsee besuchen, erkunden nur wenige die nahegelegenen Moore mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna. Ein gut markierter Moorlehrpfad führt durch dieses empfindliche Ökosystem und bietet faszinierende Einblicke in eine Pflanzen- und Tierwelt, die man in Österreich kaum vermuten würde.
Besonders im Frühsommer, wenn zahlreiche seltene Orchideenarten blühen, zeigt sich das Moor von seiner schönsten Seite. Bei einer geführten Tour (nach Voranmeldung beim Naturpark Almenland) erfahren Sie spannende Details über dieses besondere Ökosystem und seine Bewohner.
3. Der Silbersee im Paltental
Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Badesee bei Tragöß! Dieser kleine, versteckte Bergsee im obersteirischen Paltental liegt eingebettet zwischen den beeindruckenden Gipfeln der Rottenmanner und Wölzer Tauern. Der See ist nur über einen rund einstündigen Wanderweg vom Parkplatz Gschaidt aus zu erreichen, was dafür sorgt, dass sich hierher nur selten Touristen verirren.
Der kristallklare Gebirgssee auf 1.500 Metern Höhe spiegelt bei ruhigem Wetter die umliegenden Berggipfel perfekt wider – ein unvergessliches Panorama und perfekter Ort für Naturfotografie. Im Spätsommer kann man hier sogar im erfrischend kühlen Wasser baden.
Kulturelle Entdeckungen
1. Die Künstlerstadt Kalsdorf
Nur 10 Kilometer südlich von Graz hat sich in Kalsdorf eine bemerkenswerte Künstlerszene entwickelt, die von den wenigsten Touristen wahrgenommen wird. In ehemaligen Industriegebäuden haben sich Ateliers, Galerien und Werkstätten angesiedelt, die regelmäßig für Besucher geöffnet sind. Besonders während der jährlichen "Tage der offenen Ateliers" im Herbst lohnt sich ein Besuch, wenn Künstler ihre Arbeitsräume öffnen und Einblicke in ihre Schaffensprozesse gewähren.
Ein besonderes Highlight ist die Galerie "Kunst im Gewölbe", die in einem historischen Keller zeitgenössische Kunst präsentiert. Der angeschlossene Skulpturengarten lädt zum Verweilen ein und bietet eine faszinierende Mischung aus Kunst und Natur.
2. Das Benediktinerstift Admont - abseits der Bibliothek
Das Benediktinerstift Admont ist für seine barocke Bibliothek bekannt, die jährlich tausende Besucher anzieht. Was viele jedoch nicht wissen: Das Kloster beherbergt neben der Bibliothek ein faszinierendes naturhistorisches Museum mit einer der umfangreichsten Sammlungen alpiner Insekten Europas sowie eine beeindruckende Sammlung zeitgenössischer Kunst.
Besonders empfehlenswert ist die Besichtigung des mittelalterlichen Kreuzgangs mit seinen kunstvollen Fresken und dem stimmungsvollen Kreuzgarten. Bei einer Führung durch die normalerweise nicht zugänglichen Bereiche des Klosters (nur nach Voranmeldung) erhalten Sie tiefe Einblicke in die fast 1.000-jährige Geschichte dieser bedeutenden geistlichen Institution.
3. Die vergessenen Burgruinen des Murtals
Das obersteirische Murtal ist reich an mittelalterlichen Burgruinen, die weitgehend unbekannt und daher herrlich unberührt geblieben sind. Besonders empfehlenswert sind:
- Burg Steinschloss: Dramatisch auf einem Felsen thronend, bietet diese gut erhaltene Ruine einen spektakulären Ausblick über das Murtal. Der Aufstieg durch den malerischen Wald dauert etwa 30 Minuten.
- Burg Kaisersberg: Diese versteckte Ruine liegt auf einem Hügel über dem kleinen Dorf Kaisersberg. Besonders romantisch präsentiert sie sich im Herbst, wenn sich die umliegenden Wälder bunt färben.
- Frauenburg: Diese teilweise erhaltene Burganlage ist mit dem Leben des mittelalterlichen Minnesängers Ulrich von Liechtenstein verbunden und bietet neben historischen Einsichten auch einen herrlichen Panoramablick.
Im Gegensatz zu den touristisch erschlossenen Burgen wie Riegersburg oder Hochosterwitz sind diese Ruinen frei zugänglich, jedoch ohne Beschilderung oder Infrastruktur – pure Authentizität für Geschichtsinteressierte!
Kulinarische Geheimtipps
1. Die versteckten Buschenschänken des Sausal
Die Weinregion Südsteiermark ist bei Feinschmeckern längst kein Geheimtipp mehr. Doch zwischen den bekannten Orten wie Gamlitz oder Ehrenhausen liegt das hügelige Sausal – ein Gebiet, das für seinen mineralischen Wein und versteckte Buschenschänken bekannt ist. Hier bewirtschaften oft kleine Familienbetriebe ihre steilen Weinberge noch in traditioneller Handarbeit.
Besonders empfehlenswert sind die "Kellerstöckl-Buschenschänken" – kleine Häuschen inmitten der Weinberge, die nur am Wochenende oder nach Voranmeldung öffnen. Hier werden hervorragende Weine und regionale Spezialitäten wie hausgemachte Würste, Käse und das traditionelle "Verhackert" (eine steirische Brotaufstrich-Spezialität) in authentischer Atmosphäre serviert.
Tipp: Den Weg zu diesen versteckten Juwelen finden Sie am besten, indem Sie Einheimische fragen oder den handgemalten Schildern am Straßenrand folgen.
2. Die Kürbiskernöl-Manufaktur Hartlieb
Das Steirische Kürbiskernöl ist weltberühmt, doch nur wenige kennen den traditionellen Herstellungsprozess. In der kleinen Manufaktur Hartlieb im Ort St. Nikolai im Sausal können Besucher nach Voranmeldung den gesamten Produktionsprozess vom Kürbis bis zum fertigen Öl verfolgen.
Das Besondere: Die Familie Hartlieb produziert ihr Öl noch auf einer über 100 Jahre alten Presse und verzichtet bewusst auf industrielle Methoden. Bei einer Verkostung können Sie verschiedene Qualitätsstufen und Jahrgänge des "schwarzen Goldes" der Steiermark probieren und die feinen Unterschiede kennenlernen.
3. Die Käserei am Wildmoser Hof
Hoch oben auf der Sommeralm versteckt sich der Wildmoser Hof, eine kleine Biolandwirtschaft mit eigener Käserei. Die Familie Wildmoser produziert hier seit Generationen hervorragende Rohmilchkäse nach traditionellen Rezepten. Jeden Donnerstag können Besucher bei der Käseherstellung zusehen und an einer ausführlichen Verkostung teilnehmen.
Der Hof ist nur über eine schmale Straße zu erreichen und nicht in touristischen Führern verzeichnet, was für eine besonders authentische Erfahrung sorgt. Die herzliche Gastfreundschaft der Familie und die atemberaubende Aussicht über das Almenland machen diesen Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Aktiv-Erlebnisse abseits der Massen
1. Klettersteig Wildfrauensteig
Während die Klettersteige am Dachstein oft überlaufen sind, bietet der Wildfrauensteig in den Eisenerzer Alpen ein authentisches Bergerlebnis. Dieser mittelschwere Klettersteig führt entlang bizarrer Felsformationen und bietet spektakuläre Ausblicke auf die umliegende Bergwelt. Mit etwa drei Stunden Gesamtdauer (inkl. Zu- und Abstieg) ist er auch für Einsteiger mit grundlegender Klettersteig-Erfahrung geeignet.
Der Ausgangspunkt liegt beim kleinen Bergdorf Radmer, das selbst schon eine Reise wert ist mit seiner authentischen alpinen Atmosphäre und dem historischen Bergbaumuseum.
2. Paddeln auf der Salza
Die Salza gilt als einer der schönsten Wildwasserflüsse Europas mit ihrem kristallklaren, türkisfarbenen Wasser. Während der Abschnitt bei Wildalpen oft gut besucht ist, bietet der obere Flussabschnitt zwischen Mariazell und Gußwerk ein ruhigeres Erlebnis mit gleichermaßen beeindruckender Landschaft.
Für Anfänger empfiehlt sich eine geführte Kajak- oder Raftingtour mit einem der kleinen lokalen Anbieter. Fortgeschrittene Paddler können Kajaks oder Kanadier mieten und den Fluss auf eigene Faust erkunden. Die zahlreichen kleinen Sandbänke laden zu Pausen und Picknicks in unberührter Natur ein.
3. Mountainbiken im Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen
Der Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen in der Obersteiermark bietet ein hervorragendes Netz an Mountainbike-Trails für alle Schwierigkeitsgrade, ist aber bei weitem nicht so bekannt wie andere Bike-Regionen in Österreich. Besonders empfehlenswert ist die Runde um den mystischen Dürnberger See, eine mittelschwere Tour von etwa 30 Kilometern mit spektakulären Ausblicken und einsamen Waldpassagen.
Im kleinen Ort St. Lambrecht kann man Mountainbikes ausleihen und erhält wertvollen Rat zu den aktuellen Streckenbedingungen. Ein besonderes Highlight ist die Einkehr in der Tonnerhütte, wo traditionelle steirische Kost mit Produkten aus der Region serviert wird.
Praktische Tipps für die Entdeckung der verborgenen Steiermark
Die beste Reisezeit
Die ideale Zeit, um die versteckten Schätze der Steiermark zu entdecken, sind die Nebensaisonen Mai/Juni sowie September/Oktober. Zu diesen Zeiten ist das Wetter meist stabil, die Landschaft grün und blühend bzw. farbenfroh herbstlich, und die ohnehin schon ruhigen Geheimtipps sind noch weniger besucht.
Unterkunftstipps
Um die authentische Steiermark zu erleben, empfehlen wir Unterkünfte abseits der touristischen Zentren:
- Buschenschlössl Ramgrund: Eine kleine, familiengeführte Pension inmitten der Weinberge des Sausal mit herrlichem Panoramablick.
- Almhütten im Naturpark Almenland: Mehrere traditionelle, liebevoll renovierte Almhütten bieten ein authentisches Bergerlebnis mit modernem Komfort.
- Schloss Farrach: Ein kleines, unbekanntes Schlosshotel im Murtal mit individuell eingerichteten Zimmern und einem ausgezeichneten Restaurant.
Fortbewegung
Um die versteckten Orte der Steiermark zu erkunden, empfiehlt sich ein Mietwagen, da viele der beschriebenen Geheimtipps mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen sind. Die kleinen Landstraßen der Steiermark sind gut ausgebaut und bieten selbst wunderschöne Ausblicke auf die abwechslungsreiche Landschaft.
Fazit
Die Steiermark bietet weit mehr als die bekannten Touristenattraktionen. Wer sich Zeit nimmt, die verborgenen Schätze dieser vielseitigen Region zu erkunden, wird mit authentischen Erlebnissen, herzlicher Gastfreundschaft und unberührter Natur belohnt. Die hier vorgestellten Orte und Aktivitäten sind nur der Anfang – die wahre Entdeckung beginnt, wenn Sie die ausgetretenen Pfade verlassen und sich auf das Abenteuer Steiermark einlassen.
Viel Freude bei der Entdeckung der verborgenen Seite des "grünen Herzens Österreichs"!